Gleich zweimal innerhalb von vier Wochen wurde ein Leipziger Paketfahrer zum Opfer von Kriminellen. Nahe der Eisenbahnstraße wurde er von Kriminellen mit Messer und Pistole bedroht. Was geht in ihm vor, wenn er jeden Tag auf seiner Tour ist? Die LVZ sprach mit ihm.
Leipzig.Bewaffnete Räuber, aufgebrochene Autos, tätliche Übergriffe: Was Paketzusteller rund um die Leipziger Eisenbahnstraße bei ihren Touren erleben, sorgt seit Monaten für Angst. Ein Unternehmen hatte deshalb bereits die Zustellung von Sendungen in diesem Gebiet ausgesetzt. Wie schlimm die Lage offenbar ist, schilderte jetzt ein betroffener Paket-Fahrer gegenüber der LVZ.de. Gleich zweimal innerhalb der vergangenen vier Wochen wurde der 23-Jährige Opfer von Kriminellen.
Es war am 3. Mai um die Mittagszeit, als Patrick H. (23) seinen Transporter in der Lutherstraße abstellte, um Pakete auszuliefern. „Ich hatte das Auto verschlossen, als ich unterwegs war“, erinnert er sich. Doch das nützte offenbar nichts. Zwei Unbekannte knackten das Schloss, zerstörten es dabei völlig. „Ich habe noch einen der Männer im Fahrerhaus gesehen, der Tablet, Scanner sowie Navigationssystem stehlen wollte, bin sofort rausgerannt und konnte das verhindern“, so der Fahrer. Während ein Einbrecher schon geflohen war, ließ es sein Komplize darauf ankommen. Patrick H.: „Er griff in seine Taschen, zückte ein Messer und drohte, dass er zustechen wird, wenn ich ihn nicht in Ruhe lasse.“ Erst als ein weiterer Zeuge hinzukam, rannte auch der zweite Verdächtige weg.
Lieferung trotz bedrohlicher Lage
Für den Zusteller war es wie ein Déjà-vu: Erst am 7. April war er am Torgauer Platz auf ganz ähnliche Art und Weise Opfer von unbekannten Tätern geworden. Da stahlen ihm gegen 13.50 Uhr zwei etwa 20-jährige Männer mit schwarzen Haaren und Jogginghosen ein Smartphone und ein Tablet, als er gerade Pakete auslieferte. Als er sie kurz darauf zur Rede stellte, drohten sie ihm Schläge an. Die Polizei ermittelt in diesem Fall bereits wegen räuberischen Diebstahls. Der zweite Vorfall von Anfang Mai war indes noch gar nicht bekannt, weil noch keine Anzeige vorlag. Im Zuge einer LVZ-Anfrage leitete die Polizei mittlerweile auch hier ein Verfahren ein. Einen der Täter kann Patrick H. halbwegs beschreiben: Mitte 20, breites Gesicht, Ziegenbart. Wie schon die Täter im April könnte er laut Patrick H. dem Äußeren nach aus dem arabischen Raum stammen.
Trotz dieser beiden Zwischenfälle liefert der Kurierfahrer weiterhin Paketsendungen bis zur jeweiligen Haustür. Anders als etwa DPD: Das Unternehmen hatte, wie berichtet, aus Sorge um die Sicherheit der Mitarbeiter die Zustellung von Sendungen im Bereich der Eisenbahnstraße ausgesetzt und Sendungen zu Paketshops gebracht. Ein Sprecher begründete dies auf Anfrage mit bedrohlichen Situationen und tätlichen Übergriffen, denen Fahrer ausgesetzt gewesen seien.
Passanten griffen nicht ein
Bei ihm und seinen Kollegen sei dies auch schon mal im Gespräch gewesen, sagt Patrick H., zunächst aber ohne Konsequenzen. „Ich gehe inzwischen mit einem sehr schlechten und mulmigen Gefühl an die Arbeit.“ Morgens um 6 Uhr geht es jeden Tag los mit dem Verladen der Sendungen, gegen 15, 16 Uhr ist Feierabend. „Na klar habe ich Angst, beim ersten Mal wurde ich ja sogar mit einer Pistole bedroht.“ Und einfach die Touren wechseln? „Das geht auch nicht“, so der junge Mann, „will ja keiner machen.“
Die Polizei vermutet, dass die Corona-Krise und der Lockdown derartige Taten begünstigen könnten. Weil die Leute mehr Online-Einkäufe tätigen würden und dadurch die Auslieferungsrate höher sei, führe dies auch zu mehr Tatgelegenheiten. Dabei gehen die bewaffneten Diebe offenbar recht dreist vor. „Es passiert am helllichten Tag und die sind nicht einmal maskiert“, so Patrick H. Schlimm findet er, dass Passanten nicht eingegriffen haben, als er von den Unbekannten bedroht wurde. „Die meisten liefen einfach vorbei und machten nichts“, sagt er. „Ich habe noch gehört, wie einer im Vorbeigehen zu seinem Bekannten sagte: ,Ey, da wird gerade einer überfallen’.“